Gemeinde Weingarten Baden Grüne Landkreis Karlsruhe

Haushaltsrede Grüne Liste 2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Bänziger, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, werte Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,

vergleicht man den Ergebnishaushalt 2021 mit dem von 2020 ist die Summe mit ca. 31 Millionen Euro fast identisch. Der Finanzhaushalt 2021 erhöht sich im Vorjahresvergleich von 40,4 Millionen Euro auf 41,47 Millionen Euro um etwa 1 Million Euro. Doch versteckt sich hinter diesen Zahlen ein finanzieller Kraftakt für unsere Gemeinde. Nur Dank außerordentlicher Erträge von 2,61 Millionen Euro schließt der Ergebnishaushalt mit einem Überschuss von 1,71 Millionen Euro ab. Investitionen von 14,55 Millionen Euro im Finanzhaushalt erfordern eine Kreditaufnahme von fast 6 Millionen Euro. Dazu kommen noch die Haushalte für Wasser und Abwasser mit weiteren Investitionen und weiteren
Kreditaufnahmen.

Bei diesen Zahlen darf man nicht vergessen: wie schon in den Vorjahren erfordert die Sanierung unserer in die Jahre gekommen Straßen, Brücken, Wasser- und Abwasserkanäle kontinuierliche Ersatzinvestitionen. Wie schon in den Vorjahren müssen wir in die Renovierung und Erweiterung von Kindergärten und Schule investieren. Wie schon in den Vorjahren bauen wir keine goldenen Schlösser, sondern investieren in die Zukunft von unserem Dorf und in die Zukunft unserer Kinder.

Entscheidend ist, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde nach dem neuen Haushaltsrecht gegeben ist und voraussichtlich auch die nächsten Jahre gegeben sein wird. Dafür ist es allerdings nötig, sowohl auf der Einnahmenseite als auch insbesondere auf der Ausgabenseite Maßnahmen zu ergreifen. Auf der Einnahmenseite durch Überarbeitung zum Teil sehr alter Gebührensatzungen und dem Beantragen und Abrufen von Fördergeldern. Über eine Anpassung der seit 10 Jahren nicht erhöhten Grundsteuer A und B wird im Rahmen der Haushaltsberatungen für nächstes Jahr gesprochen werden müssen. Auf der Ausgabenseite müssen Einsparungen erfolgen. Wir hoffen, dass in
diesem Jahr trotz der Corona-Pandemie eine Arbeitsgruppe des Gemeinderats in Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung Einsparmöglichkeiten vorschlagen kann.

Wenn wir heute den Haushalt 2021 beschließen, beschließen wir die finanziellen Leitlinien für dieses Jahr. Ob und wie die eine oder andere Investition erfolgt, wird abhängig von den Planungen und Ausschreibungen in den kommenden Gemeinderatssitzungen diskutiert und beschlossen oder verschoben oder abgelehnt werden.

Im Weiteren möchte ich nur auf einige wenige für uns wesentliche Punkte eingehen.

Klimaschutz

Neben der Frage „ist die Gemeinde Weingarten finanziell leistungsfähig“ müssen wir uns dringend die Frage stellen „ist die Gemeinde Weingarten im Klimaschutz leistungsfähig, wann ist die Gemeinde klimaneutral?“ Das Jahr 2030 ist in 9 Jahren, das Jahr 2040 in 19 Jahren, das Jahr 2050 in 29 Jahren. Die Gemeinde Weingarten hat zwar in den letzten Jahren bereits Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen und damit Kosten eingespart, aber der Weg zur Klimaneutralität ist noch weit. Bis zum Jahr 2050 dürfen wir nicht warten, die Jahre 2030 und 2040 sind die Zielmarken, die wir uns setzen müssen.

Der Klimawandel beeinflusst unser Leben bereits heute. Ein Beispiel aus Weingarten: wir haben für diesen Gesamthaushalt auch den Teilhaushalt für unseren Gemeindewald beraten. Niedrigen Holzpreisen stehen erhöhte Kosten für die Entfernung von aufgrund der Trockenheit abgestorbenen oder absterbenden Bäumen und für Neuanpflanzungen gegenüber. Der Wald erwirtschaftet keinen Gewinn und benötigt einen Zuschuss von ca.
240.000 Euro in diesem Jahr. Die Aussichten für unseren Wald sind nicht gut. Bezogen auf den Gesamtboden herrscht bei uns aktuell eine schwere bis extreme Dürre. Bleibt der Regen aus – und im Moment regnet es wieder zu wenig – werden auch in diesem Jahr Bäume aufgrund der Trockenheit absterben.

Um Klimaneutralität zu erreichen, müssen wir Ressourcen einsparen, und damit reduzieren wir auch unsere Kosten. Um Klimaneutralität zu erreichen, müssen die gemeindeeigenen Gebäude energieeffizient gebaut, saniert und betrieben werden. Um Klimaneutralität zu erreichen, muss die Gemeinde den Fußgänger- und Radverkehr fördern. Um Klimaneutralität zu erreichen, müssen wir sowohl zur Wärme- als auch Stromerzeugung die vor Ort vorhandenen Ressourcen nutzen, sei es Sonnenenergie, Geothermie, vielleicht Windkraft und diese nicht von außen teuer zukaufen. Um Klimaneutralität zu erreichen, müssen die Bürger mit Informationen und soweit möglich Förderprogrammen unterstützt werden, ihr privates Leben klimaneutral zu gestalten. Ein Beispiel hierfür sind die Fördermöglichleiten in den bestehenden Sanierungsgebieten.

Das Thema Klimaschutz ist ein sehr wichtiges Thema, das nicht nebenbei erledigt werden kann. Von daher begrüßen wir es, dass in diesem Haushalt auch eine Stabstelle für Umwelt, für eine Klimaschutzbeauftragte oder einen Klimaschutzbeauftragten, enthalten ist. Die Zustimmung hierfür durch den Gemeinderat ist bereits erfolgt. Nicht nur für diese Stelle allein erhalten wir eine finanzielle Förderung, sondern der Klimaschutzbeauftragte wird auch zur Haushaltskonsolidierung durch Beantragung von Förderprogrammen und Identifizierung von Einsparpotentialen beitragen.

Mobilität

Im Rahmen der Diskussionen zum Mobilitätskonzept wurden letztes Jahr auch die Weingartener Bürger bei sechs Vor-Ort-Begehungen nach Ihrer Meinung gefragt. Es konnten und können der Gemeinde noch Anregungen mitgeteilt werden. Sämtliche Informationen zum Mobilitätskonzept sind vorbildlich über die Startseite der
Gemeindehomepage zugänglich.

Die Themen Fußverkehr, Fahrradverkehr sowie Parken werden wir dieses Jahr im Gemeinderat weiter diskutieren und werden dabei auch die Weichen in Richtung Klimaneutralität stellen müssen. Wichtig ist, dass möglichst viele Wege bequem und ungefährdet zu Fuß oder per Rad zurückgelegt werden können. Dazu gehört unter anderem die Sanierung von Radwegen, das Bereitstellen von Fahrradabstellplätzen, aber auch eine Ordnung der Parksituation im Dorf. Alle Gehwege müssen für Fußgänger nutzbar sein. Gelder für die Radwegesanierung sind in diesem Haushalt eingestellt, Fördermittel sollen beantragt werden.

Kinderbetreuung und Schule

Seit März 2020 hat die Corona-Pandemie den Betrieb unserer Kitas, Kindergärten und der Schule erheblich eingeschränkt und zeitweise unmöglich gemacht. Seit über einem Jahr muss laufend umorganisiert werden, und das sehr oft kurzfristig über das Wochenende. Die ganze Situation ist eine extreme Belastung für alle Beteiligten, für Erzieherinnen und Erzieher, für Lehrerinnen und Lehrer, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung, dem Hausmeisterteam, den Reinigungsteams und insbesondere eine extreme Belastung für alle Kinder und Jugendlichen und ihre Familien.

Völlig unabhängig von der Corona-Pandemie stellen weiterhin die Kosten für die Kinderbetreuung mit mittlerweile über 4.500.000 € eine nicht unerhebliche finanzielle Aufwendung in unseren Haushalt dar. Bei den bestehenden Kindergärten stehen erneut Renovierungen und Umbauten an. Erfreulicherweise sind wir in diesem Jahr nicht unter
Zeitdruck Kindertagesstätten oder Kindergärten um neue Gruppen zu erweitern. Der Erweiterungsbau von zwei weiteren Kindergartengruppen für die Inbetriebnahme 2022, falls die Bedarfsberechnung in diesem Sommer einen Bedarf ergibt, kann jedoch mit Vorlauf geplant und die entsprechenden Fördergelder für den Bau beantragt werden.

Weiter vorangehen muss es in diesem Jahr mit der Erweiterung unserer Schule. Um die umfangreichen Umbau- und Neubaumaßnahmen planen und organisieren zu können, ist die Einstellung eines Projektmanagers vorgesehen. Diese Personalstelle hat unsere ausdrückliche Unterstützung. Bei diesem Bauvorhaben gilt es klimaneutral zu bauen und
entsprechende Förderprogramme in Anspruch zu nehmen.

Investitionen in die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen sind auch bei einer angespannten Haushaltslage unserer Meinung nach weiterhin von sehr hoher Priorität.

Personal

Ein weiterer großer Kostenbereich sind die Personalausgaben. Im Vergleich zum Vorjah werden wir in diesem Bereich ca. 340.000 Euro mehr ausgeben. Neben den üblichen Lohnkostensteigerungen durch die allgemeine Tarifsteigerung, sind hier die bereits genannten Stellen Klimaschutzbeauftragter und Projektstelle Schulhauserweiterung zu nennen, aber auch – sehr erfreulich – die Übernahme von zwei Auszubildenden.

Insgesamt hat sich die Personalsituation in der Gemeinde in den letzten 2 Jahren sehr positiv entwickelt. Fast alle Stellen sind besetzt, die Personalfluktuation ist niedrig, viele Praktikanten unterstützen in der täglichen Arbeit.

Besonders hervorheben möchte ich die Situation in der Finanzverwaltung. Hier gab es lange Zeit unbesetzte Stellen. Entsprechend hatte sich wichtige Arbeit aufgestaut. Mittlerweile sind alle Stellen besetzt und auch mit Unterstützung von außen hat die Finanzverwaltung im letzten Jahr sehr viel geleistet und einen Teil der Rückstände aufgearbeitet. Die Haushaltsumstellung auf die Doppik ist mit dem Haushalt 2020 erfolgt, 2020 musste zudem ein Nachtragshaushalt erstellt werden. Mehrere Gebührensatzungen wurden bereits überarbeitet und weitere werden in diesem Jahr folgen. Laufend werden Förderprogramme beantragt. Der Haushaltsabschluss 2018 ist erfolgt, der Haushaltsabschluss für 2019 ist für diesen Sommer geplant. Daneben laufen die Vorbereitung für die Aufstellung der Eröffnungsbilanz und die Verabschiedung des Haushaltsabschlusses 2020. Insgesamt ein enormes Arbeitspensum mit sehr guten Ergebnissen. Auch wenn das Ziel ambitioniert ist, würden wir es begrüßen, wenn der Haushalt für das Jahr 2022 bereits Ende dieses Jahres verabschiedet werden könnte.

Der Arbeitseinsatz in allen Fachbereichen ist weiterhin sehr hoch, auch, aber nicht nur wegen der Corona-Pandemie. Als wir 2018 und Anfang 2019 das Thema Katastrophenschutz behandelt haben, hätten wir es uns nicht vorstellen können, dass bereits Anfang 2020 der Katastrophenfall einer weltweiten Pandemie eintreten würde. Trotz der Einschränkungen und Mehrbelastungen hat es unsere Gemeindeverwaltung mit hohem Engagement geschafft, laufend auf die neuen Anforderungen zu reagieren.

Auch unser Dorf- und Vereinsleben leidet sehr unter der andauernden Pandemie. Trotzdem gab es im Rahmen der Möglichkeiten weiterhin viele Aktivitäten.

Wir danken allen ehrenamtlichen Mitbürgerinnen und Mitbürgern sehr herzlich für das vielfältige Engagement, insbesondere den Aktiven von Feuerwehr, Rotem Kreuz und DLRG.

Wir danken Ihnen, Herr Bürgermeister, und allen für unser Weingarten tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr herzlich für den im letzten Jahr wiederum gezeigten sehr hohen Einsatz.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, wir bedanken uns für die meist offene und faire Zusammenarbeit.

Dem vorliegenden Haushalt sowie den Wirtschaftsplänen stimmen wir zu.

Sonja Güntner