Haushaltsrede Grüne Liste 2016
Monika Lauber, Jürgen Holderer, Karlernst Hamsen
Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrter Herr Bürgermeister Bänziger, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
heute haben wir einen Haushalt zu beschließen, der angesichts einer außerordentlichen Situation noch intensiver als üblich zu überdenken und zu diskutieren war. Eine Situation, die für uns alle bisher einmalig ist und uns allen ungewohnte Entscheidungen abverlangt.
Die aktuellen Zahlen wurden heute schon sehr ausführlich und unmissverständlich dargelegt, weshalb ich nur zu einem Teil der Weingartener Themen unsere Sichtweise in aller Kürze darlegen will.
Viele werden der Meinung sein, dass angesichts des allgegenwärtigen Flüchtlingsthemas andere uns bewegende Themen vernachlässigt würden. Dem ist aber ganz und gar nicht so. Bürgermeister, Gemeindeverwaltung und Gemeinderat verlieren die anstehenden Themen beileibe nicht aus den Augen. Ortskernsanierung, Schule, Kinder- und Jugendarbeit, Senioren-Einbindung bzw. Senioren-Betreuung, Nahwärmeversorgung, Breitbandversorgung. Diese Themen stehen nach wie vor ebenso im Fokus, wie das Hallenbad, die allgemeine Verkehrssituation hinsichtlich fließendem und ruhendem Verkehr, Straßensanierung, Bauschutt-Deponie, Baggersee, die Wochenendgebiete Effenstiel und Gehren, und, und, und.
Wir freuen uns über die Entwicklung der Gemeinschaftsschule, die von einem sehr engagierten Lehrerkollegium in eine außerordentlich positive Richtung geführt wird. Die Anmeldezahlen zeigen eine große Akzeptanz. Vor allem aber sind die Rückmeldungen der Schülerinnen, Schüler und Eltern an den Lehrkörper äußerst positiv.
Die Gemeinschaftsschule stellt dabei weder das Gymnasium noch die Realschule in Frage, sondern ist mit einem anderen pädagogischen Konzept eine Alternative dazu und eine attraktive Bildungseinrichtung in Weingarten.
Die längst überfällige Sanierung bzw. Renovierung des Sanitärtraktes im Hauptgebäude wird noch in diesem Jahr in Angriff genommen. Leider musste die räumliche Erweiterung der Schule ins nächste Haushaltsjahr verschoben werden. Da die Grundschule im nächsten Jahr 4zügig wird, können die dabei entstehenden 16 Klassen nicht mehr im alten Schulhaus, dem Grundschulbau mit 14 Klassenzimmern, untergebracht werden. Deshalb ist eine sehr zügige Planung der Erweiterung von Nöten. Wir präferieren dabei die Aufstockung des E-Baus. Die Turmbergschule wird von uns weiterhin in allen Belangen nach Kräften unterstützt, insbesondere bei zu beschließenden sächlichen und räumlichen Investitionen.
In die Ertüchtigung und damit den Erhalt des undichten Schwimmbeckens des Hallenbades investieren wir dieses Jahr 700.000,- €. Für uns ist dies eine notwendige Investition in den rechtzeitigen Erhalt kommunaler Güter. Auf Initiative einer Gemeinderatsfraktion hin, wird wieder eine Bäderkommission eingerichtet, mit dem altbekannten Ziel der Kostenreduzierung, was ja auch legitim ist. Allerdings wird eine signifikante Kostenreduzierung nur durch Leistungsreduzierung, z. B. Kürzung der öffnungszeiten und Personaleinsparungen, durch Erhöhung der Eintrittspreise und Gebühren und durch das Hinauszögern notwendiger Wartungs- und Reparaturarbeiten erreicht werden können.
All diese überlegungen, die sicherlich angestellt werden, sind aber für die Ziele unserer Gemeinde, ein attraktiver Ort für Jung und Alt zu sein, kontraproduktiv. Sicherlich ist über eine moderate Preisanpassung eventuell nachzudenken, um die Nutzer etwas mehr an den Kosten zu beteiligen, aber ein Zuschussbetrieb wird ein Schwimmbad trotzdem immer sein.
In Weingarten muss es weiterhin ein gutes und umfassendes Angebot von Schul- und Vereinssport, für Schwimmkurse und für private Nutzer geben. Die bisher bestehenden Schwimmkurse sind übrigens bereits jetzt fast hoffnungslos ausgebucht. über notwendige Reparaturmaßnahmen wird uns auch künftig das Bauamt rechtzeitig informieren und der Ausschuss für Umwelt und Technik wird dann entsprechend entscheiden. Wir gehen davon aus, dass in der Bäderkommission sachkundige Bürgerinnen und Bürger eingeladen werden. Also Vertreter von Schwimmverein, DLRG, Schulsport und die Bademeister.
Die Breitbandversorgung und das Nahwärmekonzept sind absolut zukunftsträchtige Projekte. Damit werden heute Weichen für unsere Zukunft gestellt. Hierin zu investieren ist für uns keine Kür, sondern Pflicht gegenüber unseren Kindern. Wir sind froh darüber, dass alle Beteiligten sich über die Notwendigkeit dieser Investitionen einig sind.
Die Kinderbetreuung ist nach wie vor eines der wichtigsten Themen in unserer Gemeinde. Die letzte Bestandsaufnahme hat eindrücklich gezeigt, dass Weingarten hier sehr gut aufgestellt ist. Kleinkindbetreuung, Kindergarten, Kindertagespflege und die Schulkindbetreuung ergänzen sich in hohem Maße, bzw. bauen aufeinander auf. Die verhältnismäßig hohe Rücklaufquote von 43% der Bedarfsumfrage im Dezember 2015 zeigt das große Interesse der betroffenen Bevölkerungs-Teile. 80% davon äußerten sich sehr zufrieden mit dem Betreuungsangebot. Selbstverständlich wird es aber auch in Weingarten immer wieder Umstände geben, denen man durch improvisierte Maßnahmen kurzfristig gerecht werden muss. Wir sind sicher, das wird auch künftig gelingen.
Der Ruf nach einer seniorengerechten Betreuungseinrichtung im Herzen Weingartens ist schon seit langer Zeit zu hören. Verschiedene einzelne kleinere Einrichtungen gibt es in Weingarten auch schon. Nun wird Weingarten mit der Umnutzung des ehemaligen Schwaab-Geländes diesem Ruf gerecht werden.
Eine Industriebrache wird rückstandslos durch neuen Wohnraum ersetzt, der allen Wünschen gerecht werden wird. Wir sind nach wie vor überzeugt, dass dieses Konzept das richtige Konzept für Weingarten ist.
Der Baggersee-Erweiterung werden wir auch weiterhin nicht zustimmen.Der Landschaftsverbrauch und die negativen Auswirkungen auf das Kleinklima sind für uns Grund genug, den Kiesabbau zu stoppen. Leider findet sich aber in Weingarten nach wie vor keine Mehrheit für den Abbaustopp. Auch nun wird wieder, wie in früheren Jahren, eine letztmalige Erweiterung des Abbaubereiches beschlossen. Hier müssen wir weiter daran arbeiten, dass der nächste Beschluss in ca. 10 bis 11 Jahren, endlich zu einem Abbaustopp führen wird.
Wie wir alle wissen, werden in Weingarten einige neue Mitbürger eintreffen, die auf der Flucht vor ihren Feinden sind und in Deutschland Asyl suchen. Unser Ziel ist es, diese Menschen dezentral und menschenwürdig unterzubringen. Zeltstädte, Hallen und Gewerbegebiete sind dabei keine Option. In Weingarten sind wir dabei auf einem großenteils gemeinsamen Weg. Wir werden bis 2017 etwa 500 Personen unterbringen müssen. Sowohl in Gemeinschaftsunterkünften, kurz “GU” für deren Finanzierung der Landkreis zuständig ist, als auch in steigendem Maße in der Anschlussunterbringung, kurz “AU”, deren Finanzierung den Gemeinden und Städten obliegt. Wie meist bei kommunalen Aufgaben, muss auch hier um eine auskömmliche Erstattung von Kosten gekämpft werden. Wir appellieren daher ausdrücklich an Bund und Land: Lasst die Städte und Gemeinden nicht hängen! Es ist inakzeptabel, dass die vom Land angekündigte Spitzabrechnung an den Landkreis noch immer aussteht. Es ist ebenso inakzeptabel, dass der Bund eine Schwarze Null im Haushalt plant, und die Länder auf den Kosten sitzen lässt.
In unseren letzten Sitzungen haben wir einstimmig den Beschluss für den Bau von 4 Unterkünften, 2 im Bärentalweg und 2 im Bruchweg, gefasst. Die Bauten sind so geplant, dass sie für GU- und AU-Plätze geeignet sind und später für den sozialen Wohnungsbau umgenutzt werden können.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass diese Baumaßnahmen, mit einem Gesamtvolumen von über 7 Millionen € von örtlichen Bietern verwirklicht werden und die Wertschöpfung in der Region bleibt.
Im März und August werden 120 Personen im Winkelpfad und im Dörnig eine Heimat auf Zeit finden. Wir begrüßen den hohen Standard den der Landkreis bei der Pflichterfüllung dieser Aufgabe an den Tag legt. Heimleitung, Hausmeister, Sozialarbeiter vor Ort, und vieles mehr. Hier wird viel geleistet und investiert. Jeder hier eingesetzte Euro wird sich durch ein gutes und weitgehend konfliktfreies Zusammenleben bezahlt machen.
Wir haben unsere Zustimmung für mehr Personal in der Gemeindeverwaltung bereits signalisiert. Es ist klar, dass bei einer steigenden Zahl von AU auch im Ordnungsamt personell aufgestockt werden muss. Vielfältige Aufgaben werden zusätzlich auf die Verwaltung zukommen. Die Bewältigung dieser Aufgaben geht nicht einfach so nebenbei.
Wir brauchen aber auch eine Verstärkung der Sozialarbeit in Weingarten. Wir müssen dafür nichts Neues schaffen. Bereits vorhandene Strukturen zu stärken ist hier das Ziel. Beispielsweise durch Personalaufstockung im Jugendzentrum. Ebenso schlagen wir einen runden Tisch aller Beteiligten vor. Insbesondere auch mit Vertretern der Schule, der Kindergärten und ehrenamtlich Tätigen.
Die kulturelle Integration, die Integration in den Schulen und die Entwicklung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt werden darüber entscheiden, wie sich die Zahl von Leistungsempfängern oder Leistungsträgern entwickeln wird.
In Weingarten besteht ein sehr großes ehrenamtliches Engagement. Die Vielfalt unserer Vereine und karitativen Initiativen und Einrichtungen belegen das.
Auch zur Unterstützung der Asylsuchenden haben sich inzwischen bereits mehr als 120 Helfer gemeldet. Ebenso haben bereits einige Vereine ihre Bereitschaft zur Unterstützung bekundet.
Von der Fahrradwerkstatt über das Begegnungscafe bis hin zu Patenschaften, ist ein Engagement im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten und des eigenen Könnens möglich.
Unser Dank gilt hier schon jetzt all diesen ehrenamtlichen Helfern. Die politische Gemeinde kann nur die Rahmenbedingungen schaffen. Gelebt werden muss ein respekt- und verständnisvoller Umgang miteinander durch die Bevölkerung.
Wir danken Ihnen, Herr Bürgermeister Bänziger, allen für unser Weingarten tätigen Mitarbeitern, sowie allen ehrenamtlich tätigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, sehr herzlich für das im letzten Jahr gezeigte, weit über das geforderte Maß hinausgehende, Engagement.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, wir danken ihnen für die offene und faire Zusammenarbeit, die es auch in einer schwierigen Zeit erlaubt, über konstruktive und zielgerichtete Diskussionen insgesamt gute Ergebnissen zu erzielen.
Dem vorliegenden Haushalt, sowie den Wirtschaftsplänen, stimmen wir zu.
Für die Grüne Liste Weingarten
Monika Lauber, Jürgen Holderer und Karlernst Hamsen