Gemeinde Weingarten Baden Grüne Landkreis Karlsruhe

Haushaltsrede Grüne Liste 2017

Monika Lauber

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Bänziger, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, werte Mitbürgerinnen und Mitbürger, Vertreterin der Presse, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,  es ist immer undankbar hier als fünfte Rednerin zu sprechen, vor allem über einen Haushalt, den wir bereits seit vier Monaten vollziehen. Auch werden diese Haushaltsreden von uns Kommunalpolitikern wohl sehr überschätzt, wurden wir in dieser Zeit doch von keinem einzigen Bürger/in auf die noch fehlende Verabschiedung des Haushalts 2017 angesprochen.

Die Weingartner/innen sollen erfahren, wer wofür steht und mit welchen Argumenten. Deshalb werde ich nicht so sehr auf Zahlen eingehen, das wurde von BM Bänziger schon ausreichend in seiner Präsentation getan. 

Unser Vermögenshaushalt ist von hohen Investitionen geprägt. Deshalb ist ein erneuter Griff in die Rücklagen und die Kreditaufnahme von über einer Million Euro notwendig. Auch in den Jahren 2018 und 2019 ist die Aufnahme weiterer Darlehen erforderlich. Der prognostizierte Schuldenstand läge dann bis 2020 bei etwa 20 Millionen Euro. Diese Kreditaufnahmen sind notwendig, damit unsere Infrastruktur nicht verrottet – wie es leider trotz wirtschaftlicher Hochkonjunktur in vielen Städten und Kommunen zu beobachten ist. Nicht getätigte Bau- und Sanierungsmaßnahmen sind versteckte „Altschulden“, die für die nächste Generation ebenfalls eine enorme Belastung bedeuten. Sanierung und Instandhaltung wird teurer, je weiter man sie auf die lange Bank schiebt, eine altbekannte Weisheit. Bei Infrastrukturmaßnahmen bedeutet Stillstand Rückschritt. Auch Aufgaben, die von „oben“ an die Kommunen abgegeben werden, meist ohne auskömmliche Mitfinanzierung, müssen vor Ort bestmöglich erledigt werden. Bei Steuereinnahmen, Umlagen und Zuweisungen bleiben die Kommunen ebenfalls meist fremdbestimmt. 

Nur aus dieser Erkenntnis und diesem Zwang heraus werden wir der Haushaltsplanung zustimmen, obwohl ein solches „Finanzierungsdelta“ selbst den größten Optimisten ratlos zurücklässt. 

Ob die geplanten Maßnahmen vom Arbeitsaufwand her überhaupt in diesem Zeitfenster von der Verwaltung umgesetzt werden können – natürlich ohne weitere Erhöhung des Personalschlüssels? Auch da haben wir Zweifel. Der enorme Umfang gleichzeitig angegangener Projekte hinterlässt auch hier Spuren! 

Baumaßnahmen und Investitionen

Das Barrierefreie Rathaus wird vorrangebracht durch die Installation eines Außenaufzugs. Nachdem im letzten Jahr das Bauamt mehr Platz in neuen, ansprechenden Räumlichkeiten gefunden hat, sind weitere Sanierungs- und Umbaumaßnahmen sowie Investitionen in eine zeitgemäße EDV notwendig. 

Das Thema Straßenerneuerung wird Verwaltung und Gemeinderat auch weiterhin beschäftigen. Bei der Umsetzung der Maßnahme Kirchstrasse/Kirchplatz sind uns die Themen Aufenthaltsqualität und die Erhöhung der Verkehrssicherheit besonders wichtig. Wir sehen im Kirchplatz die Möglichkeit der Erweiterung einer attraktiven Ortsmitte durch die optische Aufwertung. Einen ersten Eindruck davon was möglich ist, konnte man beim letzt jährigen Weihnachtsmarkt bekommen. Die zugegeben teure Bachterrasse wird dabei für uns das Tüpfelchen auf dem i. Bei der Burgstrasse, dem größten Brocken im Haushalt 2017, galt es durch eine gute Planung einen Ausgleich zu finden zwischen einer gelungenen Gestaltung mit ausreichend Parkfläche und der Realisierung von Tempo 30 km flächendeckend. Inzwischen gehen wir in die Bürgerbeteiligung und Planung der wohl teuersten und zeitaufwendigsten Maßnahme, der Erneuerung und Umgestaltung der Jöhlinger Straße. Gehört werden bedeutet nicht erhört werden – das gilt für die Bevölkerung und den Gemeinderat gleichermaßen. Es gilt Balance zu halten zwischen dem Wünschenswerten und dem Machbaren. Bei all diesen Maßnahmen wird den Beteiligten viel Geduld und Toleranz abverlangt. 

Weiter investiert wird in die Bereiche Breitbandausbau und in die geplante Nahwärmeversorgung, welche gemeinsam mit der Umwelt- und Energieagentur des Landkreises realisiert werden soll. Wir denken, dass dieses Projekt wirtschaftlich darstellbar ist und wir eine Anschlussquote von etwa 50% im Sanierungsgebiet erreichen können. Das Projekt wird vom Land mit 2 Millionen Euro bezuschusst und ist die größte Einzelmaßnahme, die in dieser Höhe gefördert wird. Es bringt viele Vorteile für die Hausbesitzer und entspricht unserer Vorstellung von einer modernen Energieversorgung – erneuerbar, dezentral und in Bürgerhand – in diesem Fall in Hand der Kommune. Wir hoffen, dass die Umsetzung wie geplant gelingt. 

Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass Geld, das zur Betreuung und Bildung von Kindern und Jugendlichen ausgegeben wird, gut investiertes Geld ist. Bei der Wahl ihres Wohnortes sind für junge Familien die wesentliche Fragen: Wie ist die Betreuungssituation für Kinder unter drei Jahren? Bekommen wir schnell und unbürokratisch einen Kindergartenplatz, der von den Öffnungszeiten ein verlässliches Angebot bietet um Familie und Beruf zu vereinbaren? Hier sind wir gut aufgestellt. Es gibt flexible Angebote für alle Altersstufen und Betreuung in den Ferienzeiten. Ein qualitativ hochwertiges Angebot, auch Dank dem Engagement von motivierten und gut ausgebildeten Erzieher/innen. Um das auch weiterhin so anbieten zu können, halten wir den angestrebten Kostendeckungsgrad von etwa 20% über die Elternbeiträge für durchaus gerechtfertigt. Das geplante Angebot eines Wald – bzw. Naturkindergartens im Sohl unterstützen wir ausdrücklich, nachdem uns die Initiatorin „ihr“ Projekt und das pädagogische Konzept sehr anschaulich dargestellt hat. 

Welche Schule gibt es vor Ort, gibt es überhaupt noch eine und wie sieht die Erreichbarkeit von weiterführenden Schulen aus? Ich glaube auch hier schneiden wir sehr gut ab. Die gute Akzeptanz der Gemeinschaftsschule sollte Skeptiker zum Verstummen bzw. zum Umdenken bringen. Ganz offensichtlich identifizieren sich Schüler/innen und Lehrkräfte sehr mit ihrer Schule, das war am Tag der offenen Tür deutlich zu spüren. 

Die Grundschule platzt aus allen Nähten. Es werden dringend neue Klassenräume schon für das kommende Schuljahr gebraucht. Hier werden wir um eine Interimslösung mit Containern leider nicht herumkommen. Energetische Sanierungsmaßnahmen und Planungen für eine Gesamtkonzeption unter den Stichworten Aula, Mensa, Schülercafe, Schulgarten müssen finanziell und logistisch umgesetzt werden. 

Angebote an Kultur, Sportstätten, Vereinen und Einkaufsmöglichkeiten machen die Qualität einer Wohnortgemeinde aus. 

Die Gemeindebücherei freut sich inzwischen über viele neue Nutzer/innen, die das vielseitige Angebot in einem ansprechenden Ambiente schätzen. Zum Glück hat sich der Gemeinderat nicht für das Modell einer „schlichten Ausleihe“, wie von einem Kollegen gefordert, entschieden. Vielen Dank an dieser Stelle auch an das engagierte und für Neues offene Team der Bibliothek! 

Das Schwimmbad ist nach Einbau des Edelstahlbeckens und diverser Verschönerungsmaßnahmen wieder geöffnet und erfüllt seinen Zweck als Multifunktionsbad. Ein Bad für die Ausübung von Vereinssport von Schwimmverein und DLRG, ein Familienbad, ein Bad für sportliche Schwimmer, für die Frühschwimmerfraktion, für die Kinderschwimmkurse, das Aquajogging, den Schulsport, die Saunagänger und im Sommer als Treffpunkt für die Kinder. Hier eventuell den Kostendeckungsgrad zu erhöhen ginge nur über die Stellschrauben Personal einsparen/ Öffnungszeiten reduzieren oder Eintrittspreise massiv erhöhen – ohne uns. Wir können auch hier nur an die Weingartner/innen appellieren das Bad auch zu nutzen. Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Gemeinde unserer Größe eine solche Einrichtung noch hat/ betreibt. 

Thema Asyl, Geflüchtete

Mit der Aussage von Frau Merkel „Wir schaffen das“ hatte ich im vergangenen Jahr den Eindruck die Politik hat es übersetzt in „Ja, und nur noch das.“ Auch Sie Herr Bürgermeister haben in schönster Regelmäßigkeit das Thema Flüchtlinge auf Punkt 1 der Tagesordnung der GR Sitzungen genommen – auch wenn es dann gar nichts Neues zu sagen gab. Das hat mich manchmal geärgert. Deshalb steht dieses für mich sehr wichtige und das zugegebenermaßen mit hohen Kosten verbundene Thema heute am Schluss meiner Haushaltsrede. 

Nach der vorläufigen Unterbringung werden viele Geflüchtete in die kommunale Anschlussunterbringung wechseln. Das stellt Weingarten vor die Herausforderung Wohnraum zu schaffen. Verwaltung und Gemeinderat haben hier rechtzeitig die Weichen gestellt mit dem so genannten Kombimodell. Wir wollen die Menschen hier behalten, die im Rahmen ihrer Erstunterbringung in Weingarten schon integriert sind. Die Anschlussunterbringung, so weit und so lange erforderlich, soll in ein selbst bestimmtes Leben münden, unabhängig von öffentlichen Leistungen. Anspruch und Wirklichkeit klaffen da noch weit auseinander. 

Die sehr schön gewordene GU im Buchenweg ist fertig gestellt und kann bezogen werden. Ist sie aber leider noch nicht. Sie sprachen beim Tag der offenen Tür von „nächster Woche“ für den Umzug der Bewohner von der GU Winkelpfad. Auch die Flüchtlinge, die wir bei der Besichtigung dabei hatten, haben genau hingehört. Das Landratsamt sprach bei unseren Nachfragen von Abnahmemängeln, auch die Leitung der GU hat noch keinen Termin für den Umzug und keine Ahnung, wer eigentlich alles „mit darf“. 

Vielleicht wäre es bei solchen Gelegenheiten besser, das von unserem Altbürgermeister Scholz gerne benutzte Wort „in Bälde“ zu benutzen. Auch als ausführender örtlicher Unternehmer würde ich mich sehr ärgern, wissen wir doch alle noch wie bei der Vergabe strenge zeitliche Vorgaben gemacht wurden. 

Wenn Sie Ehrenamtliche bundesweit fragen würden was sie als größtes Hindernis ihrer Arbeit ansehen, würde die überwältigende Mehrheit die Bürokratie nennen. Die größte Herausforderung bei der Integration ist nicht die deutsche Grammatik, sondern die Flut unserer deutschen Zuständigkeiten. Rufen Sie doch mal dort an, die können uns die fehlenden Unterlagen gerne zufaxen – dort wäre Aleppo gewesen – wurde mir auf einer Behörde gesagt. Ich habe schon mit Auftrag Kinder zu Schulen begleitet, bei denen sie gar nicht angemeldet waren und bin firm im Ausfüllen eines Antrags auf Ausstellung eines Leistungsentgeldeinstellungsbescheids. Nicht nur die Geflüchteten haben sich manchmal verwundert die Augen gerieben über gründliche deutsche Bürokratie. Wirklich ärgerlich wird es aber, wenn man endlich einen Arbeitgeber und einen Asylsuchenden, der nicht nur arbeiten will und kann sondern auch darf, zusammenbringt und der Wust an ausgefüllten Papieren dann zwischen Landratsamt, Ausländerbehörde und Jobcenter auf Reisen geht. Der Rückruf eines entnervten Unternehmers der uns sagt, er möchte die Stelle jetzt und nicht erst in 3 Monaten besetzen, stößt auf mein vollstes Verständnis. Wir haben natürlich auch sehr gute Erfahrungen gemacht. Mit unserer Verwaltung, wenn etwas in ihre Zuständigkeit fiel – schnell, unbürokratisch und gut. Es ist schön wenn man bei Vereinen anruft und gesagt bekommt: „Einfach vorbeikommen und ihn/sie mitbringen“. Spenden- und Hilfsbereitschaft der Bevölkerung sind immer noch sehr hoch und Erziehern/innen, Sozialarbeitern/innen und Lehrkräften in Kindergärten, Schulen, Jugendzentrum und Hort gebührt ein ganz großes Lob. Hier muss Integration täglich gelebt werden! 

Am Ende meiner letzten Haushaltsrede möchte ich mich bei BM Bänziger und allen Mitarbeitern/innen von Verwaltung und Gemeinde für Ihren großen Einsatz bedanken. Ein Dank auch an die Kolleginnen und Kollegen dieses Gremiums für den fairen Umgang miteinander und das weitgehend sachliche Ringen um die besten Entscheidungen. Im Namen unserer Fraktion ein besonderes Dankeschön an alle in und für die Gemeinde ehrenamtlich engagierten Menschen, dem Grundgerüst für eine lebendige und lebenswerte Gemeinschaft. 

Wie schon am Anfang gesagt stimmen wir der Haushaltsplanung und allen Wirtschaftsplänen so zu. 

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