Gemeinde Weingarten Baden Grüne Landkreis Karlsruhe

Haushaltsrede Grüne Liste 2019

Sonja Güntner

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Bänziger, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, werte Mitbürgerinnen und Mitbürger, Vertreterin der Presse, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats.

Der Kernhaushalt der Gemeinde Weingarten wird sich im Vergleich zu 2018 erhöhen und 2019 41.500.000 € betragen. Hinzu kommen die Haushalte für Wasser- und Abwasser und des Bauhofs. Die Einnahmen durch Gewerbesteuer und Einkommenssteuer steigen. Erfreulicherweise sinkt die Kreisumlage. Soweit die Zahlen für 2018 vorliegen, konnten 2018 ca. 1.400,000 € Zuführungsrate realisiert werden, für 2019 ist eine Zuführungsrate von ca. 1.000.000 € vom Verwaltungshaushalt an den Vermögenshaushalt geplant.

Wie im Jahr 2018 müssen auch im Jahr 2019 für den Vermögenshaushalt keine weiteren Kredite aufgenommen werden. Dies ist positiv, doch bereits nächstes Jahr wird aufgrund der vielen nötigen Investitionen eine erneute Kreditaufnahme notwendig werden. Die Einnahmen steigen, doch im Gegenzug steigen auch die allgemeinen Kosten, und die Sanierung unserer in die Jahre gekommen Straßen, Brücken, Wasser- und Abwasserkanäle fordert kontinuierliche Ersatzinvestitionen. Es werden mehr Kindergartenplätze benötigt, und die Schule muss erweitert werden.

Bauliche Tätigkeiten

Die geplanten baulichen Tätigkeiten für das Jahr 2019 sind wieder umfangreich. Der Bauabschnitt 1 der Jöhlinger Straße wird fertig gestellt, ebenso wird in der Burgstraße der Bauabschnitt Paulusstraße bis B3 fertig. Wir hoffen, dass die für dieses Jahr ausstehenden Projekte, nämlich der Abschnitt 2 der Jöhlinger Straße sowie die Sanierung der Silcherstraße, wie geplant beginnen können. Diese großen Bauprojekte im Bestand sind komplex, besonders in der engen Jöhlinger Straße. Die Querelen rund um das Thema überörtliche Umleitungsstrecken, aber auch das rücksichtslose Verhalten mancher Auto- und LKW-Fahrer, die die Sperrung der Jöhlinger Straße nicht wahrhaben, nicht akzeptieren wollten, hat die Gemeindeverwaltung viel Zeit und Aufwand gekostet. Ohne Einschränkungen geht es leider nicht. Es gibt keinen Onlineshop für Straßensanierung mit Lieferung der sanierten Straße bis morgen 10 Uhr.

Sehr positiv war die intensive Zusammenarbeit von Bevölkerung, Gemeinderat und Verwaltung an der Konzeption der Jöhlinger Straße. So konnten gute Lösungen für dieses Bauprojekt gefunden werden.

Wir als Grüne Liste Weingarten stehen weiterhin zu Tempo 30 in der gesamten Jöhlinger Straße. Das ist übrigens eine alte Forderung und ein alter Antrag der Grünen Liste: Tempo 30 für das gesamte Dorf, also nicht nur für die Jöhlinger Straße und die B3, sondern auch zum Beispiel für die Ringstraße.

Neben den vielen weiteren Bauprojekten dürfen wir uns in diesem Jahr besonders auf den Abschluss eines sehr schönen Bauprojektes freuen: der Kirchplatz mit Bachbühne wird fertig. Damit steht Weingarten ein sehr attraktiver Platz für Begegnung und für Veranstaltungen zur Verfügung.

Mobilität

In den nächsten Jahren soll ein Mobiltätskonzept für Weingarten diskutiert werden. Mit erster Priorität sollen in diesem Jahr die Themen Fußgänger und Fahrradfahrer sowie Parken behandelt werden, später auch der PKW- und LKW-Verkehr. Insbesondere nach Fertigstellung der Burgstraße
und der Jöhlinger Straße müssen wir die neue Verkehrssituation im Blick behalten und analysieren. Gegebenenfalls müssen wir lenkend eingreifen.

Wir können das Dorf und insbesondere den Dorfkern nicht größer machen. Es ist deshalb unabdingbar, mehr Weingartener zu motivieren, zu Fuß zu gehen oder Fahrrad zu fahren. Die geographischen Gegebenheiten sind im Ober- und Unterdorf perfekt. Für die meisten Weingartener beträgt die maximale Wegstrecke ins Dorf zur Tullabrücke nur einen Kilometer, und das auf ebener Strecke.

Die Gehsteige sind für die Fußgänger da. In nicht wenigen Straßen wird darauf keine Rücksicht genommen. Es dringend notwendig, alle Autofahrer daran zu erinnern, dass das Parken auf den Gehsteigen nicht erlaubt ist, es sei denn, es gibt eingezeichnete Parkflächen oder eine beschilderte Freigabe. Und wir müssen alle Autofahrer darin motivieren, eigene Stellplätze und Garagen wieder vermehrt zu nutzen.

Anstatt mehr teurer Parkplätze könnten wir im gesamten Dorf attraktive Fahrradstellplätze schaffen, die mit einfachen Bügeln ausgestattet sind, an denen man ein Fahrrad sicher anschließen und, falls es mit Einkäufen beladen ist, auch sicher anlehnen kann. Und dies mit dem Geld für einen einzigen Tiefgaragenstellplatz. Die völlig unpraktikablen Spiralfahrradständer, an denen sich ein Fahrrad nicht mit einem sicheren Stahlbügelschloß anschließen lässt – das kann ich aus eigener Erfahrung sagen –, gehören auf den Schrottplatz. Auch die eine oder andere optisch dezente und begrünte Überdachung von Fahrradstellplätzen wäre bezahlbar. Und für das Geld für einen Tiefgaragenstellplatz könnten wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung mehr als ausreichend E-Dienstfahrräder zur Verfügung stellen. Eventuell ist es in den kommenden Jahren nötig, je nach Nachfrage noch weitere Fahrradboxen am Bahnhof zu installieren.

Nicht aus dem Auge verlieren dürfen wir den öffentlichen Nahverkehr. Spätestens mit der Fertigstellung der Jöhlinger Str. sollte ein Konzept und noch besser die Umsetzung für einen verbesserten Busverkehr in Weingarten stehen. Zum Beispiel würde eine zentrale West-OstVerbindung vom Bahnhof über die Bahnhofstraße, mit einem Halt an der Kanalstraße für die zukünftigen Bewohner von „Mitten drin leben“, und weiter durch das Oberdorf nach Jöhlingen mit Anbindung an den dortigen Bahnhof, vielen Bevölkerungsgruppen, Kindern, Jugendlichen, berufstätigen Erwachsenen, aber auch unseren älteren Mitbürgern und Mitbürgern Wege ins Dorf und aus dem Dorf ermöglichen. Und – wiederum für das Geld eines Tiefgaragenstellplatzes – könnten wir über Jahre einen Zubringerbusverkehr bei Veranstaltungen vom Festplatz als Parkplatz in das Dorfzentrum finanzieren.

Kinderbetreuung und Schule

Weiterhin eine nicht unerhebliche Belastung für unseren Haushalt stellen die Kosten für die Kinderbetreuung mit über 4.000.000 € dar. Solange Bund und Land den Gemeinden hierfür keine weiteren Mittel zur Verfügung stellen, müssen auch weiterhin die Eltern ihren Beitrag leisten, der hier in Weingarten einer Beteiligung an den Kosten in Höhe von ca. 20 % entspricht. Für Mehrkindfamilien konnte mit dem neuen Berechnungsmodell für Kindergartengebühren eine Entlastung erreicht werden. In Abstimmung mit den Elternbeiräten wurde ein tragfähiges und für die Eltern akzeptables Konzept entwickelt. Insgesamt gibt es eine sehr hohe Zufriedenheit der Eltern mit dem sehr umfangreichen Angebot an Betreuungsmöglichkeiten und der sehr hohen Qualität der Betreuung der Kinder. Hierfür ein herzliches Dankeschön an die Erzieherinnen und Erzieher und alle weiteren Beteiligten. An dieser Stelle ist auch positiv zu erwähnen, dass sich ein ehrenamtlicher Gesamtelternbeirat aller Kindergärten gebildet hat. Vielen herzlich Dank auch für dieses Engagement.

Weitere hohe Ausgaben stehen in den nächsten Jahren für die Erweiterung und Renovierung unserer Kindergärten sowie für den Schulhausausbau an.

Im Bereich Schule und Schulentwicklung geht es in erster Linie um die Ausrichtung der Schule auf zukünftige Aufgaben. Aufgrund der gestiegenen Schülerzahlen stehen hier Umbau- und Neubaumaßnahmen an. Dass die Schule aus allen Nähten platzt, ist für jeden an den Schulcontainern im Schulhof sichtbar.

Die Turmbergschule liegt in der Mitte des Ortes. Eine bessere Konstellation ist kaum vorstellbar. Die zentrale Lage ermöglicht sehr vielen Schülern einen bequemen und sicheren Weg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule. Kurze Wege zur Kirche, zur Gemeindebibliothek, zum Rathaus und anderen Örtlichkeiten sind wichtige Voraussetzung für die gute Integration der Schule ins örtliche Geschehen. Wir erteilen allen Gedankenspielen zur Verlagerung der Schule auf den Festplatz eine klare Absage. Der jetzige Standort ist ideal.

Bei den Umbau- und Neubaumaßnahmen ist neben der pädagogischen Gestaltung eine sinnvolle räumliche Planung gefordert, die den vielfältigen Anforderungen gerecht wird. Die Baumaßnahmen müssen den veränderten schulischen Bedingungen Rechnung tragen. Für die Mensa und den Ganztagsbetrieb müssen Räumlichkeiten entstehen. Ebenso muss die Raumgestaltung die pädagogische Ausrichtung unterstützen. Die Turmbergschule – seit Jahren Gemeinschaftsschule – fördert und fordert individuelles und kooperatives Lernen. Im Mittelpunkt stehen nicht die Fächer, sondern das lernende Kind. Dies muss auch durch eine entsprechende Unterrichtsraumkonzeption unterstützt werden.

Auch wenn wir heute nur über den Haushalt für 2019 bestimmen, steht bereits fest, dass in den Jahren ab 2020 erhebliche Mittel für Kindergärten und Schule bereitgestellt werden müssen. Es handelt sich hier aber um Investitionen in die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen, die auch bei einer angespannten Haushaltslage unserer Meinung nach hohe Priorität genießen. Investitionen in Menschen dürfen nicht verschoben werden, Investitionen in Menschen kann man nicht nachholen.

Personalausgaben

Ein erheblicher Anteil der Ausgaben im Verwaltungshaushalt fließt in das Personal unserer Gemeindeverwaltung, in das Personal für unseren Bauhof, in das Personal für unsere Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Die Ausgaben für Personal im Kernhaushalt, also ohne Wasser, Abwasser und Bauhof steigen im Jahr 2019 auf 4.521.100 €. Hinter der Steigerung um 540.300 € zum Vorjahr stehen zum Beispiel Lohnkostensteigerungen durch die allgemeine Tarifsteigerung, aber auch Stellenaufstockungen im Bereich Reinigungskräfte – im Gegenzug entfallen Ausgaben für Fremdfirmen –, des weiteren Stellenaufstockungen im Bereich Hausmeisterdienste, aber auch Stellenaufstockungen im Bereich der Verwaltung. Hier sind zu nennen: eine Stelle für die Bearbeitung der Bebauungspläne, sowie Assistenzkräfte zur Entlastung von Hauptamtsleiter und Bauamtsleiter. Zwei bereits 2018 genehmigte Stellen für den Finanzbereich sind noch nicht besetzt.

Oft wird die Digitalisierung als Lösung vorgeschlagen, um Arbeit zu vereinfachen. Die Digitalisierung ermöglicht es zwar, manche Arbeitsabläufe im Bereich der Verwaltung effizienter zu gestalten, aber für viele Tätigkeiten wird weiterhin der analoge Mensch benötigt. Und manche Fragen, Anregungen und Probleme lassen sich in einem analogen Gespräch zwischen analogem Mitarbeiter und analogem Bürger erheblich schneller und umfassender beantworten und klären..

Die Aufgaben in einer Gemeindeverwaltung sind sehr vielseitig, verglichen mit einem Unternehmen
in der Wirtschaft extrem vielfältig. Und zu allem Überfluss werden die Aufgaben eher mehr als weniger. Und im Gegensatz zu einem Unternehmen in der Wirtschaft, das sich von einem unrentablen, ungeliebten Betriebszweig trennen kann, muss eine Gemeindeverwaltung viele Pflichtaufgaben erledigen. Dies geht nur mit ausreichendem und motiviertem und vor allem nicht dauerüberlastetem Personal.

Sehr kritisch zu bewerten ist die Dauerbelastung insbesondere der Führungskräfte in der Verwaltung. Durch die Assistenzstellen muss eine Entlastung im Tagesgeschäft erreicht werden. Dies kann aber nur erreicht werden, wenn die Assistenzkräfte selbstständig Aufgaben bearbeiten dürfen. Dies geht nur mit einer klaren Definition von Zuständigkeiten. Kritisch zu bewerten ist auch die Dauerbelastung vieler Mitarbeiter. Diese Belastung lässt sich nicht alleine mit mehr Personal verringern. Es müssen von Seiten der Führungskräfte Prioritäten gesetzt werden, welche Aufgaben und Projekte wirklich bearbeitet werden müssen und sollen. Tatsächlich sind in Weingarten zu viele Projekte in Bearbeitung, hinzu kommt Unvorhergesehenes wie zum Beispiel der Wasserschaden im Kindergarten „Alter Friedhof“ oder der Wasserschaden im Erdgeschoß des Rathauses. Es werden Zeitreserven benötigt, um auf Notfälle reagieren zu können, und es werden Zeitreserven benötigt, die bereits angefallenen Überstunden abzubauen. Und es muss unserer Meinung nach von Seiten der Gemeindeverwaltung auch mal nein gesagt werden dürfen.

Ein Teil der Belastung ist auch dem Umstand geschuldet, dass es eine hohe Fluktuation gibt und Stellen nur schwer oder gar nicht mit qualifizierten Mitarbeitern besetzt werden können. Um so wichtiger ist es, das bestehende Personal zu halten, um so wichtiger ist eine wertschätzende Personalführung und Kommunikation. Wir müssen in Menschen investieren. Dies bedeutet mehr Personal, wenn wichtige Aufgaben sonst nicht bewältigt werden können, aber vor allem auch Investitionen in das Arbeitsumfeld und die Zufriedenheit des einzelnen Mitarbeiters. Beide Aspekte sind für uns gleichermassen wichtig.

Bürgerbeteiligung

Anfang 2018 hatten wir hier im Gemeinderat zwei Experten für den Katastrophenschutz zu Besuch. Dabei ist mir eine Aussage besonders im Kopf hängen geblieben: im Katastrophenfall wird es entscheidend sein, dass sich die Bürgerinnen und Bürger von Weingarten gegenseitig unterstützen und helfen. Für Weingarten bin ich mir sicher, dass dies so sein wird. Wir haben hier im Dorf eine sehr hohe Bürgerbeteiligung: bei politischen Entscheidungen, in der Feuerwehr, dem Deutschen Rotes Kreuz oder der DLRG, in den vielen Vereinen, in den kirchlichen Einrichtungen, in der Bürgergenossenschaft, im Freundeskreis Asyl oder in privaten Initiativen. Und diese Liste ließe sich weiter fortsetzen. Dieses hohe Bürgerengagement gilt es weiter aktiv durch die Gemeinde zu unterstützen und weiter zu fördern. Geld, das wir weiter hier investieren, ist sehr gut investiertes Geld. Die hohe Bürgerbeteiligung ist ein wesentlicher Grund dafür, dass es sich in Weingarten so gut leben lässt und es so ein gutes Miteinander gibt.

Wir danken allen ehrenamtlichen Mitbürgerinnen und Mitbürgern sehr herzlich für das vielfältige Engagement. Wir danken Ihnen, Herr Bürgermeister, und allen für unser Weingarten tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr herzlich für den im letzten Jahr wiederum gezeigten sehr hohen Einsatz. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, wir bedanken uns für die immer offene und faire Zusammenarbeit, die über Fraktionsgrenzen hinweg zu guten Lösungen für Weingarten geführt hat.

Dem vorliegenden Haushalt sowie den Wirtschaftsplänen stimmen wir zu.

Download