Gemeinde Weingarten Baden Grüne Landkreis Karlsruhe

Haushaltsrede Bündnis 90/Die Grünen zum Haushalt des Landkreises Karlsruhe 2023 gehalten von Inge Ganter

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Schnaudigel,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger
und sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung
Die Welt ist geprägt von Ungewissheit
Wir brauchen sicher noch viel Geduld und Weitsicht für die kommenden Jahre.“ Mit
diesem Satz endete unsere Rede im vergangenen Jahr. Und es kamen ganz neue,
unvorstellbare Herausforderungen hinzu.


Die meisten Menschen der mehrheitlich im Kreistag vertretenen Generation, blicken auf
eine verlässliche Zeit zurück, die uns Sicherheiten, gute Jobs mit guter Ausbildung und
eine Aussicht auf ein Leben in Wohlstand gab. In den letzten Jahren haben uns globale
Ereignisse jedoch deutlich gezeigt, wie fragil unser System ist, und dass sich unsere
Vorstellungen von einer lebenswerten, gerechten Welt mehr und mehr von den Realitäten
entfernen. Kriege, Klimawandel und Pandemie sind drei aktuelle und sehr konkrete
Herausforderungen, die auch Planungen und Entwicklungen unseres Landkreises
beeinflussen. Wir müssen lernen, mit unseren Energieressourcen anders umzugehen,
wir müssen noch deutlicher Prioritäten bei allen Maßnahmen zur Erreichung unseres
Klimaschutzzieles setzen und wir müssen uns für eine solidarische Unterstützung für
alle von Kriegen und Verfolgung bedrohten Menschen engagieren.
Das Integrationsamt und die Kommunalanstalt für Wohnraum haben einmal mehr
gezeigt, dass Herausforderungen, die durch unvorhergesehene globalpolitische
Entwicklungen entstehen, lokal gemeistert werden können. In Zeiten des
Fachkräftemangels war es keine leichte Aufgabe, die notwendigen Stellen zur
Organisation der Flüchtlingsunterbringung mit qualifizierten MitarbeiterInnen zu
besetzen. Unser besonderer Dank gilt daher allen an dem Gesamtprozess Beteiligten.
Wir hoffen, dass in den kommenden Tarifverhandlungen auch den Verwaltungskräften
eine entsprechende Anerkennung zukommt, wie sie für die Sozialarbeit (im SuE-Tarif) im
Jahr 2022 ausgehandelt und bereits umgesetzt wurde.
Ein großes Fragezeichen möchten wir aber an die Art der Unterbringung von Flüchtlingen
aus der Ukraine setzen. Auch wenn positiv zu erwähnen ist, dass im Landkreis bisher
keine Turnhallen belegt werden mussten, möchten wir die Beschaffung von immens
teuren Containeranlagen kritisieren, die keinen adäquaten Wohnraum darstellen. Wir
bitten die Verwaltung, zukünftig mehr Augenmerk auf die Ausgestaltung dieser
Anlagen zu legen.
Der Haushalt ist für 2023 auch dank der verlässlichen Ausgleichzahlungen von Bund und
Land weiterhin sehr gut aufgestellt. Der starke Anstieg der Nettoneuverschuldung, zu
begründen mit einem hohen Investitionsaufkommen nimmt uns in eine hohe
Verantwortung. Die frühzeitige Aufnahme von Darlehen bei einem noch relativ niedrigen
Zinsstand war aber notwendig, um unangenehmen Überraschungen am Zinsmarkt
vorzubeugen. An den immer wieder kritisierten hohen Ausgaben im Sozialetat wollen und
können wir jedoch nicht rütteln, sind es doch gesetzliche Vorgaben, die zur sozialen
Gerechtigkeit beitragen und unsere starke Gesellschaft ausmachen.
Die überraschend höher als erwarteten Schlüsselzuweisungen von rund 6 Mio. sind
beruhigend. Der Beibehaltung der Kreisumlage bei 27,5 Prozentpunkten können wir
zustimmen.
INVESTITIONEN
Kreisstraßen
Der 5-Jahresplan für den Straßenerhalt hat sich etabliert. Trotz höherer Kosten und
Materialknappheiten wird das Programm abgearbeitet. Man wird sehen, wie sich in
diesem Bereich Mangel und Kosten auswirken werden.
Unverständlich ist aus unserer Sicht, dass die Mehrheit des Kreistages sich für die
Neuplanung der K3575 ausgesprochen hat. Die Planungsgelder in Höhe von ca. 5 Mio
Euro könnten sinnvollerweise besser für andere Projekte ausgegeben werden. Z.B.
durch mehr und bessere Fahrradwege oder ökologische Maßnahmen. Es wird für diesen
Straßenneubau keine sinnvolle von allen zu begrüßende Trasse geben. Unsere
Prognose: Es wird Geld für die Planung ausgegeben und die Straße wird nie gebaut
werden.
Dem Antrag der SPD zur Ausweitung und Intensivierung der Blühstreifen an den
Kreisstraßen stimmen wir gerne zu. In die Einsammlung des Mülls aus den Randstreifen
sollte dringend investiert werden, bevor dieser gehäckselt in dem gemähten Grün
zurückbleibt.
Radwege
Investitionen in Radwege sind zwar geplant, aus unserer Sicht aber zu verhalten. Bei
den geplanten Mitteln für Straßen und für Radwege besteht weiterhin eine zu große
Diskrepanz. Im Haushaltsplan sind alle Kreisstraßen genannt, leider aber nicht die
Radwege. Wir schlagen vor, im Haushaltsplan eine entsprechende Liste, mit Aufstellung
der an den Kreisstraßen ausgebauten Radwegekilometer einzufügen. Dem neuen
Radverkehrsbeauftragten wünschen wir viel Erfolg und Überzeugungskraft.
Landratsamt
Wir wollen, dass das neue Dienstgebäude an der Beiertheimer Allee ein energetisch
optimaler Bau wird. Besonders wichtig ist uns die Holz-Hybrid-Bauweise, die unsere
Entscheidung für den Wettbewerbsentwurf maßgeblich geprägt hat. Die Kostenexplosion
bei der Bauwirtschaft werden wir nicht aufhalten können, so dass jetzt zügig
Entscheidungen getroffen werden müssen. Die bisher eingeschlagenen Wege und die
Vorschläge der Verwaltung zur weiteren Optimierung der Energie-Ressourcenschonung
gehen wir mit.
Schulen – Sanierung und IT-Ausstattung
Weiterhin investieren wir viel in die Ausstattung und eine dringend notwendige
energetische Modernisierung unserer Schulen. Wir begrüßen, dass die Bereitstellung von
ausreichend IT-Geräten für den persönlichen Gebrauch der Lehrerschaft sowie der
SchülerInnen und für die methodische Arbeit in den Unterrichtsräumen durch die
Verwaltung schon sehr gut umgesetzt wurde und die Raumkonzepte sukzessive an die
neuesten Anforderungen angepasst werden.
Straßenmeistereien
Bereits Ende 2019 hat der Landkreis die beiden Straßenmeistereien in Bruchsal und
Ettlingen gekauft und die Verwaltung mit der Planung zweier Neubauten beauftragt.
Bei der Landkreisbereisung im Sept. 2020 hatten wir die Gelegenheit, uns in der
Straßenmeisterei Ettlingen über die vielfältigen Aufgaben und die damit verbundenen
Anforderungen und Bedürfnisse zu informieren. B‘90/Die Grünen legt Wert darauf
festzustellen, dass auch die Reinigung und die Wintersicherung der Radwege zu den
Aufgaben der Straßenmeistereien gehören. Vor Ort wurde deutlich, dass für beide
Straßenmeistereien in Bruchsal und Ettlingen ein neues Standortkonzept umgesetzt
werden muss, das nur durch zwei Neubauten erreicht werden kann.
Im Juli 2021 hat der Kreistag die Umsetzung der beiden Neubauten mit Fahrzeughalle,
Verwaltung, Salzhalle und einer Technikzentrale bei einem Kostenrahmen von 14 bzw.
15 Mio. € einstimmig beschlossen. Es werden zahlreiche Nachhaltigkeitsaspekte für die
Baukonstruktion und Technik umgesetzt. So. z.B. Holzkonstruktionen und Holzfassaden,
sowie Regenwasserversickerung. Die Fertigstellung der Gesamtmaßnahmen ist für
Bruchsal im 3. Quartal 2023 und für Ettlingen im 4. Quartal 2023 vorgesehen. In der AUTSitzung am 15.12.2022 wurde von der Verwaltung bestätigt, dass beide Baumaßnahmen
im Zeit- und Kostenrahmen liegen.
Wir freuen uns gemeinsam mit den MitarbeiterInnen auf die Wiedereröffnungen der
Straßenmeistereien im Spätjahr.
PERSONAL
Allen neu zu schaffenden Stellen stimmen wir zu. Die Überlastungen einiger
Verwaltungsbereiche sind deutlich, vor allem hervorgerufen durch neue gesetzliche
Aufgaben und müssen daher mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden. Die
voraussichtlichen Verzögerungen bei den Stellenbesetzungen werden zu einer
Kostenminderung von rd. 4 Mio führen. Dies müssen wir zwar hinnehmen, ist aus unserer
Sicht jedoch nicht erfreulich.
Die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten konnte schnell besetzt werden. Wie bereits im
letzten Jahr mit der Aufstockung im Kreistag beschlossen, fordern wir den
Stellenwechsel zu nutzen, um ein neues Konzept zur Ausgestaltung der 100 % Stelle
vorzulegen.
SOZIALE INFRASTRUKTUR
Zu einer guten Sozialstruktur gehört vor allem auch die präventive Arbeit. Jeder hier nicht
eingesetzte Euro wird sich in der Zukunft vervielfachen und sich in unserem Sozialsystem
negativ niederschlagen.
Jugendhilfe
Unser Antrag auf einen erhöhten Zuschuss an die Kommunen zum Ausbau der
Schulsozialarbeit soll eine lückenlose Präventionskette ermöglichen. Investitionen in die
Prävention können vielfach erhöhte Kosten in der Sozialbetreuung von jungen Menschen
verhindern. Wir erwarten von der Kreisverwaltung als öffentlicher Träger der Jugendhilfe
konkrete Vorschläge an die Kommunen zur Unterstützung von Kindern und
Jugendlichen, um ihnen einen guten Start in Ausbildung und Beruf zu ermöglichen.
Entwicklungen in der Arbeitswelt fordern die stetige Anpassung der
Ausbildungsmöglichkeiten, dem wir ein gut aufgestelltes immer vielfältiger werdendes
Bildungsangebot gegenüberstellen können. Gerade im Hinblick auf den
Fachkräftemangel müssen wir uns aber zunehmend anstrengen, junge Menschen für
Ausbildungsberufe zu begeistern. Zu viele Lehrstellen blieben im vergangenen Jahr
unbesetzt, zu viele Jugendliche kommen mit einem Schulabschluss nicht zur
Ausbildungsreife. Eine intensivere Zusammenarbeit der Landkreisverwaltung mit den
Kommunen und allen Schulen könnte deutlich mehr zum Abbau dieses Missverhältnisses
beitragen. Die Jugendberufsagentur ist in dieser Hinsicht noch ausbaufähig.
Wir freuen uns über den Vorschlag der Verwaltung, die Fördermittel für die
Schulsozialarbeit unserem Antrag entsprechend aufzustocken. Auch im Bereich der
Grundschulen ist der Landkreis über den im Kinder- und Jugend-Stärkungsgesetz neu
hinzugefügten Paragraf 13a in der Verantwortung, die Schulsozialarbeit sicherzustellen.
Wenn in unserem Landkreis die Mehrheit der Kommunen der Auffassung ist, dies in
Selbstverwaltung ohne Förderung leisten zu wollen, sollte zumindest eine
Kooperationsvereinbarung des Jugendamtes mit allen Städten und Gemeinden den
Standard festlegen. Die so oft angesprochene Quotierung von Schülerzahlen ist nur eine
Kennzahl, an der sich auch der KVJS orientiert. Diese festzuschreiben würde aber den
notwendigen Spielraum der sehr unterschiedlichen Schulen einschränken. Wir erwarten
hierzu ein schlüssiges Konzept des öffentlichen Jugendhilfeträgers.
Die Beteiligung von Jugendlichen ist über das Grundgesetz, die UNKinderrechtskonvention und die Gemeindeordnung festgeschrieben. Leider fehlt es an
klaren Vorgaben und Sanktionen. Im Landkreis Karlsruher wurde mit dem Projekt „Speak
up“ ein erster Schritt zur Jugendbeteiligung unternommen. Ausgestaltung und
Umsetzung weiterer Beteiligungsprozesse sind aus unserer Sicht jedoch noch
ausbaufähig. Wir erwarten die Erarbeitung einer Konzeption und schlagen vor, dass jede
Kommune in zukünftige Beteiligungsprozesse mindestens eine jugendliche Vertretung
entsendet.
Wohnungslosigkeit
Die Präventionsarbeit zur Verhinderung von Obdachlosigkeit ist uns ein großes Anliegen.
Wir unterstützen daher unbedingt den Vorschlag der Verwaltung, die Fachstelle zur
Wohnungssicherung unbefristet weiterzuführen, um Menschen dabei zu unterstützen ihre
Wohnung zu halten. Wir wünschen uns weiterhin, dass alle Gemeinden des Landkreises
konstruktiv an dieser gemeinsamen Aufgabe mitwirken.
SozialRegion Karlsruhe
In Zeiten der Energiekrise und der Zunahme an Geflüchteten aus Kriegsregionen, haben
die Sozialpässe der Sozialregion eine noch dringendere Bedeutung erhalten. Wir sehen
weiterhin die Notwendigkeit, die unterschiedlichen Angebote der Ermäßigungen für
Familien mit geringem Einkommen landkreisweit zu verknüpfen und miteinander
abzustimmen und appellieren an die Kreisgemeinden, im Sinne der in prekären
Verhältnissen lebenden BürgerInnen der SozialRegion beizutreten, um allen Familien die
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Hilfen für Suchtkranke
Wir unterstützen den Antrag der Stadtmission Heidelberg auf Anhebung der
Fördersumme zur Verbesserung der Suchtberatung in Bretten und Umgebung.
Auch wenn es für den Haushalt 2023 nicht relevant ist, macht die Fraktion Bündnis90/Die
Grünen darauf aufmerksam, dass bereits seit 2016 die Versorgung der Menschen mit
einer schweren Suchterkrankung, insbesondere im nördlichen Landkreis, nicht
sichergestellt ist.
Die Versuche eine Substitutions-Ambulanz aufzubauen sind in den Planungen stecken
geblieben. Stand heute sind die Pläne zur Umsetzung einer Institutsambulanz, angedockt
an das Psychiatrische Zentrum Nordbaden, auf unbestimmte Zeit verschoben.
Die Idee Telemedizin als Projekt zur Versorgung zu erproben ist in der Not aufgekommen.
Wir zweifeln daran, ausgerechnet in der Behandlung schwer suchtkranker Menschen auf
dieses Modell zu setzen. Wir fordern weiterhin nachdrücklich, die SubstitutionsVersorgung im nördlichen Landkreis möglichst bald zu verbessern und eine Behandlung
für alle Betroffenen zu installieren.
SCHLOSS STUTENSEE
Der Neubau des Heinrich-Wetzlar-Hauses konnte noch im Dezember 2022 seiner
Bestimmung übergeben werden. Auch wenn noch kleine technische Arbeiten notwendig
sind, ist mit dem Umzug aus dem alten Gebäude im ersten Quartal zu rechnen. Für alle
Mühen und den großartigen Einsatz danken wir allen Beteiligten, allen voran Herrn Brandt
ganz herzlich.
Der Haushalt der Jugendeinrichtung Schloss Stutensee ist durch neue Herausforderung
wie Tarifpolitik und steigende Energiekosten nicht mehr ganz so stabil wie wir es kannten.
Die hervorragende Einrichtungsleitung schafft es aber trotz der in der Jugendhilfe
bekannten, unplanbaren Kosten einen Ausgleich aufzuzeigen. Wir freuen uns über das
große Engagement aller Mitarbeitenden der Einrichtung und danken für den
unermüdlichen Einsatz auch in schwierigsten Zeiten.
Neue Ideen und kreative Ansätze zur Fachkräftegewinnung zeigen in unserer
Einrichtung, dass es durchaus möglich ist, immer wieder junge Menschen für diesen
herausfordernden Beruf zu begeistern. Wir sagen nochmals danke und weiter so!
KLINIKEN
Wir danken auch dem unermüdlich engagierten Personal der Kliniken für die
hervorragende Arbeit. Eine ausführliche Stellungnahme zu unseren Kliniken folgt unter
dem gesonderten Tagesordnungspunkt.
KLIMA- und NATURSCHUTZ
„Die Energiewende … erfolgt nicht allein dadurch, dass man sich Ziele setzt. Sie gelingt
nur, wenn man diese Ziele auch erreicht“. Das ist ein Zitat aus der Fortschreibung der
Energiestrategie unseres Landkreises aus 2019. Ehrgeizige Klimaschutzziele,
ressourcenschonende Sanierungen und Neubauten kreiseigener Liegenschaften,
Biodiversität, Verkehrswende – alle diese Themen sind dort aufgeführt. Die
Klimawerkstätten, die unter Federführung der Umwelt- und Energieagentur durchgeführt
wurden, haben die immensen Herausforderungen aufgezeigt, die mit der Strategie
verbunden sind, aber auch konkrete Lösungen erarbeitet. Unser Lob und Dank gilt daher
allen Beteiligten, insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Umwelt- und
Energieagentur.
Die Nutzung der Tiefengeothermie zum Ausbau eines regionalen Wärmenetzes ist sicher
das herausragendste Beispiel für die Energiewende. Wir GRÜNE stehen hinter diesem
Vorhaben. Die Umsetzung in den nächsten Jahren muss durch eine intensive Information
der Bevölkerung begleitet werden, damit die Chancen, aber natürlich auch etwaige
Risiken, eingeordnet werden können.
Die Holz-Hybrid-Bauweise des neuen Landratsamts fügt sich gleichfalls in die
Nachhaltigkeitsstrategie des Landreises ein und ist für uns gesetzt. Vor allem der
Vorbildcharakter dieses Vorhabens ist nicht zu unterschätzen, außerdem müssen wir uns
zurecht an unseren eigenen Ansprüchen messen lassen.
Die Emissionsminderungen im Bereich „Verkehr“ kommen nicht voran. Die
Verkehrswende vor Ort muss deshalb umfassend gedacht werden. Der Vorschlag der
Verwaltung, unseren Antrag zur Durchführung einer Mobilitätswerkstatt und zur
Diskussion über die Einrichtung eines Ausschusses „Mobilität“ in die bisherige Reihe der
Klimawerkstätten zu integrieren, ist konstruktiv und wir folgen ihm gerne.
Beim Schutz der Biodiversität müssen wir konsequenter werden. Die gesetzlichen
Vorgaben sind einzuhalten, Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben. Ein Fall wie im
Industriegebiet Bretten darf sich nicht wiederholen. Uns ist der Interessenkonflikt
zwischen Naturschutz und Gemeindefinanzierung sehr wohl bewusst. Lassen sie uns
gemeinsam für eine nachhaltige Finanzierung der Kommunen einstehen und künftig auch
im Bereich des Naturschutzes an einem Strang ziehen, anstatt mit einem „weiter so“ den
Naturschutz in einem Nischendasein zu belassen.
Lobenswert ist daher auch der neugegründete interkommunale Klimaschutz-Verein. Wir
hoffen, dass es sich dabei nicht nur um Lippenbekenntnisse handelt, ist es doch die
Aufgabe jeder einzelnen Stadt und Gemeinde, sich für den Erhalt von Natur und
Landschaft einzusetzen, sei es mit dem Stopp von Siedlungs- und Gewerbegebieten auf
grüner Wiese, der Verminderung des Einsatzes von Pestiziden und Insektiziden oder der
Förderung eines Biotopverbundes, um hier nur einige Beispiele zu nennen.
ÖPNV
Auch im Jahr 2022 ist der Individualverkehr noch viel zu stark am CO 2 Ausstoß beteiligt.
Um in diesem Sektor eine Reduktion zu erwirken ist es unumgänglich, die
Verkehrswende voranzutreiben. Diese Verkehrswende kann allerdings nicht nur in Berlin
und sonstigen Metropolen Deutschlands stattfinden, sie muss auch bei uns in BadenWürttemberg, in unseren Dörfern und Mittelzentren zu erkennen sein. Damit die
Bürgerinnen und Bürger der Region gerne auf ihr eigenes Auto verzichten und den ÖPNV
nehmen, muss dieser gut ausgebaut und einfach in der Nutzung sein. Bereits im letzten
Jahr haben wir eine 15-Mintuen-Taktung und den Ausbau der On-Demand-Verkehre
gefordert. Wir begrüßen, dass der Landkreis daran arbeitet, die Versorgung mit OnDemand-Möglichkeiten stetig auszubauen. In den Gemeinden, die dieses Angebot
bereits haben, wird er fleißig genutzt.
Im vergangenen Jahr gab es zumindest für 3 Monate das 9 Euro-Ticket, das uns deutlich
gezeigt hat, dass der ÖPNV auch eine Preisfrage ist. So wurde das Ticket weit über die
Erwartungen hinaus gekauft und genutzt. Wir haben das 365-Euro-Schülerticket
beschlossen und freuen uns, wenn nun endlich die Umsetzung erfolgt. Ebenso startet
nun auch das bundesweite 49 Euro-Ticket für Alle. Diese Neuerungen haben den
positiven Nebeneffekt, dass sich die NutzerInnen nicht mehr um den Tarifdschungel der
einzelnen Verkehrsverbünde kümmern müssen. Diese Tickets ermöglichen die einfache
und völlig unkomplizierte Nutzung des gesamten Nahverkehrs. Für alle
GelegenheitsnutzerInnen müssen jedoch endlich die Tarif- und Ticket-Apps verbessert
werden, damit zukünftig nicht mehr die Lokalnachrichten schneller eine Streckensperrung
verkünden als in der App zu lesen ist.
Aber nicht nur der Preis entscheidet über die Nutzung des ÖPNV, auch der Ausbau ist
wichtig. Dazu zählen die Erschließung neuer Strecken sowie die Taktverdichtung im
Bestand. Wir alle sind erfreut, dass das Bundesverkehrsministerium nun endlich, nach
jahrelanger Beratung und Prüfung, die standardisierte Bewertung geändert hat und neue
Klimaparameter aufgenommen wurden. Mit dieser neuen Bewertung erhoffen wir uns
Chancen auf eine Verlängerung der Linie S2, die bisher in Spöck endet. Eine schon seit
Jahren gewünschte Verlängerung über Karlsdorf-Neuthard – Bruchsal – Forst –
Hambrücken bis Waghäusel rückt wieder in eine erreichbare Realisierung. Jetzt ist der
Landkreis gefordert, möglichst schnell alle notwendigen Schritte einzuleiten, um die in
Aussicht gestellten Landes- und Bundesförderungen zu erhalten.
ABFALLWIRTSCHAFT
Seit ungefähr 2 Jahren gibt es die Biotonne. Sie hat sich etabliert. Nach ersten
Mengenanalysen erkennt man, dass wir zwar nach kurzer Zeit eine gute Akzeptanz
haben, aber es gibt noch in der Zahl der Biotonnen und der Menge an Bioabfall im
Restmüll Luft nach oben. Eine Gebührenerhöhung war durch die gestiegenen Energieund Transportkosten unumgänglich.
Unser Biomüll wird derzeit an drei Standorten außerhalb des Landkreises verarbeitet.
Das muss sich in absehbarer Zeit ändern. Jetzt warten wir auf die Evaluation der
verschiedenen Müllsorten und -mengen.
Die Bioabfallsammlung ist aus unserer Sicht noch nicht optimal organisiert. Es fehlt vor
allem an Aufklärung. Wir schlagen vor, in Zusammenarbeit mit den Kreisschulen eine
Bildungskampagne zur Verwertung von organischem Abfall und zur allgemeinen
Vermeidung von Müll auszuarbeiten. Der Umweltschutzpreis kann dazu auch um einen
Schulpreis im Bereich der innovativen, klimagerechten Müllentsorgung erweitert werden.
In unserer letzten Rede hatten wir bereits ein stärkeres Engagement im Hinblick auf die
allgemeinen Informationen für die Bevölkerung vorgeschlagen. Wir bitten den AWB
erneut, diese Aufgabe anzugehen.
Eine Herausforderung wird in diesem Jahr die Standortsuche für eine neue Deponie für
mineralische Abfälle sein. Ein Entwurf des Kriterienkatalogs für die
Deponiestandortsuche im Landkreis Karlsruhe wurde am 06.10.2022 im
Betriebsausschuss vorgestellt. Der Landkreis ist verpflichtet, eigene Deponiekapazitäten
zu schaffen, die ausreichend dimensioniert sind, um über einen längeren Zeitraum die
hoffentlich zurückgehenden mineralischen Abfälle des LK KA aufzunehmen.
Es darf aber auf keinen Fall das Ziel sein, diese Deponie aus wirtschaftlichen Gründen
möglichst rasch zu verfüllen. Lassen wir für unsere Kinder und Enkel auch noch genug
Platz. Der Kriterienkatalog für die Standortsuche soll im Frühjahr 2023 finalisiert werden,
danach wird ein externes Ingenieurbüro mit der Standortsuche beauftragt.
Für den 23.11.2022 war in Bruchsal eine öffentliche Informationsveranstaltung
angekündigt, die jedoch kurzfristig abgesagt und durch eine Online-Veranstaltung am
28.11.2022 ersetzt wurde. Diese war mit ca. 30-40 Teilnehmenden, darunter viele
Kreisräte und Verwaltungs-Mitarbeiter eher spärlich besucht. Ideal für die künftige breite
und niederschwellige Information und Beteiligung der Öffentlichkeit wären hybride
Veranstaltungen vor Ort und online.
Auch fragen wir uns immer wieder, was mit den Wertstoffen aus der Grünen Tonne
tatsächlich passiert. Mehrere Anfragen unsererseits zur Besichtigung einer
Sortieranlagen blieben erfolglos. Hier ist dringend mehr Transparenz angesagt.
Durch die Übergabe der Geschäftsführung von Herr Bartl an Frau Adam erfolgte eine
reibungslose Fortsetzung des Betriebes. Wir danken Frau Adam und ihren
MitarbeiterInnen für ihre Arbeit.
Unsere weiteren Tochter-Gesellschaften sind ebenso gut aufgestellt.
Allen Geschäftsführenden und Mitarbeitenden der BRLK, BLK, KWLK und BEQUA
danken wir ebenfalls für die gute Arbeit.
FAZIT
Wir stimmen der Haushaltssatzung mit Haushaltsplan 2023 und den
Beschlussvorschlägen unter TOP 4, sowie den Wirtschaftsplänen und allen
Beschlussvorschlägen unter TOP 5 bis 10 zu.
Wir bedanken uns bei Ihnen, Herr Landrat Dr. Schnaudigel und bei allen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern der Landkreisverwaltung, sowie der angeschlossenen Betriebe für die
gute und engagierte Arbeit im vergangenen Jahr. Auch den Kolleginnen und Kollegen im
Kreistag danken wir für die gute Zusammenarbeit.
„So erdrückend die vielen Krisen aktuell sind – sie zwingen uns, über ihre Ursachen
nachzudenken und Entscheidungen für den Weg in eine bessere Zukunft zu treffen“, so
Roland Hipp, Geschäftsführender Vorstand von Greenpeace e.V..
Wir schließen uns an und sehen unseren schönen, lebenswerten Landkreis auf einem
guten Weg.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Inge Ganter
Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Es gilt das gesprochene Wort!